Der Zukunftsfonds 2.0

Von Verena Hubertz und Stefan Bösl


Deutschland ist ein reiches Land, aber wir zehren von unserer Substanz. Vermögen entsteht nicht mehr nur aus Arbeit, sondern vermehrt aus Kapital. Aber Wohlstand kann nur wachsen, wenn auch investiert wird. Aber in Deutschland investieren wir nicht genug.

Ein Blick in den DAX zeigt, dass SAP der letzte digitale deutsche Champion von Weltrang ist. SAP wurde 1972 gegründet! Es fehlt das Geld, um neue Ideen auch mal groß werden zu lassen und die Gesellschaft davon profitieren zu lassen. Dazu bedarf es einer nationalen Kraftanstrengung.

Wir lösen das Problem mit einem gemeinwohlorientierten Ansatz, dem Zukunftsfonds 2.0. Wer in die Rente einzahlt, investiert in die Arbeitsplätze der Zukunft – eine Fortschrittsdividende. So bauen wir die Brücke zwischen Substanz und Investitionen. 

Angelsächsisch geprägte Länder haben dabei mit ihrer stärkeren Kultur des Wagniskapitals entscheidende Vorteile. In den USA wurden im Jahr 2019 ca. 114 Milliarden Euro Wagniskapital in Startups investiert, in Deutschland lag der Wert bei rund 6,23 Milliarden Euro. Auch wenn in den europäischen Ländern in 2021 eine Steigerung erkennbar ist, wird schon allein anhand der unterschiedlichen Volumina, dass neue Unternehmen in den USA deutlich bessere Finanzierungsbedingungen in allen Phasen vorfinden.

Jüngste Zahlen einer Untersuchung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY zeigen die Problematik. In nur noch drei Prozent aller Finanzierungsrunden geht es hierzulande um 50 Millionen Euro oder mehr. Bei etwa neun von zehn dieser Wachstumsfinanzierungen stammen die federführenden Investoren („Lead Investors“) aus dem Ausland. Auffällig ist bei diesen, aber auch weiteren großen Finanzierungsrunden, die geringe Beteiligung großer europäischer, aber vor allem auch nationaler Finanzierungspartner. Damit fließt ein großer Anteil des Wertzuwachses und damit langfristig Wohlstand bei Unternehmenserfolg an eben diese außereuropäischen Quellen.

Unsere Idee sieht einen Dachfonds (DF) mit einem Volumen von etwa 30 Milliarden Euro vor. Um die nötige Risikodiversifizierung für den Fonds sicherzustellen ist ein Volumen eines einzelnen Zielfonds von 10 bis 12,5 Milliarden Euro notwendig. Derzeit ist kein Fonds in ganz Europa in der Lage Investitionstätigkeiten in diesem Volumen zu leisten. Nun ist es an der Zeit, das Instrument Zukunftsfonds entsprechend der Anforderungen zur Teilnahme an großen Finanzierungsrunden auszubauen und neue Kapitalquellen zu mobilisieren.

Grundsätzlich soll der Zukunftsfonds 2.0 den Multi-Investment-Ansatz des Vorgängers beibehalten. Analog des Wachstumsfonds KfW Capital sollen ebenfalls über zwei verschiedene Säulen auch die Partizipation von Pensionskassen und Versicherern in großem Maßstab ermöglicht werden (Wasserfallmodell). 

Um zusätzliches Kapital zu mobilisieren und gleichzeitig eine Gemeinwohlorientierung möglicher Gewinne sicherzustellen, schlagen wir eine etwa hälftige Finanzierung durch die gesetzliche Rentenversicherung vor. 

Teil der Rentenversicherung ist auch die sogenannte “Nachhaltigkeitsrücklage”, früher als Schwankungsreserve bezeichnet, welche aus den Beitragseinnahmen entnommen wird. Sie dient dazu Einnahme- sowie Ausgabeschwankungen während des laufenden Jahres kurzfristig bereitzuhalten. Sie kann als kleines Finanzpolster der gesetzlichen Rentenversicherung betrachtet werden und ist im Moment verhältnismäßig umfangreich. In Zahlen ist das Volumen der Nachhaltigkeitsrücklage ca. 34 Milliarden Euro und damit deutlich über den gesetzlichen Mindestanforderungen von 0,2 Monatsausgaben (ca. 4,5 Milliarden Euro).

Die Rücklage ist dabei mit einer Negativverzinsung in liquiden Geldanlagen angelegt. In dieser Höhe kann aber ein Teil der Rücklagen für Zukunftsinvestitionen genutzt werden. Wir schlagen deshalb eine einmalige Umschichtung der Investitionsmittel vor, welche für den Fonds eingesetzt wird unter Berücksichtigung einer ausreichenden Liquidität. Der Zukunftsfonds 2.0 kann dabei ein innovatives Puzzleteil sein, um diesen Finanzierungsbedarf zu schließen. Insgesamt erzielt der Wagniskapitalsektor in Europa Renditen von rund 16 % jährlich bei einem Anlagehorizont von fünf Jahren. Damit stellt diese Investitionsmöglichkeit eine attraktive Anlagemöglichkeit dar.

Weitere Finanzierungsquellen umfassen institutionelle Investoren, welche bislang sehr zurückhaltend in der Anlageform Wagniskapital waren. Dabei legen wir ein Augenmerk auf Pensionskassen und Versicherer. Viel zu viele Mittel der Betriebsrenten oder der privaten Altersvorsorge schlummern in niedrig verzinsten Staatsanleihen, anstatt in Investitionen in die Zukunft unseres Landes.

Der Ausbau und das Abschöpfen dieser Gewinne durch die Allgemeinheit hätte gleichzeitig eine positive Wirkung hinsichtlich Vermögensverteilung, denn von der Entwicklung in diesem Sektor profitieren tendenziell derzeit eher bereits vermögende Akteure. Es würde den Gedanken der Gründung und der gemeinsamen Wertschöpfung tief in der Bevölkerung verankern - ein wichtiges Element für einen Bewusstseinswandel in den anstehenden, dynamischen Dekaden.

Weitere Informationen finden Sie in unserem Eckpunktepapier.

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